Samstag, 27. Februar 2016

Self-contained durch Neuseeland

Kia Ora, welcome to New Zealand. Das musste sein, das ist Pflicht für jeden Start eines Neuseeland-Eintrags - glaube ich.
Das neue Zauberwort ist jedoch self-contained. Denn das sind wir, seit wir unseren kleinen Campervan, die olle Kiwi, am Start haben. Was das bedeutet, war mir vor meiner Campervan-Recherche auch nicht klar. Dass es essentiell notwendig ist, war mir dagegen schnell klar. Aber der Reihe nach:

Wir sind am Donnerstag den 18. Februar von Sydney nach Christchurch geflogen. Am Flughafen empfing uns neben dem oben genannten, obligatorischen "Kia Ora" Schild ein süßer Beagle. Die Hundeliebhaber unter unseren Lesern (hallo, Annie! :)) sollten jetzt jedoch nicht gleich in Verzückung geraten. Diesen Beagle darf man leider nicht streicheln, so süß er auch sein mag. Nein, dieser Hund ist Eigentum des Zolls und für die Erschnüffelung von Gütern zuständig, die man nicht nach NZ einführen darf. Wie zum Beispiel einen Apfel. Oder Honig. Auf diese gefährlichen Dinge steht eine Strafe von mindestens 400.- $. Aber auch Wanderstiefel mit Erde an der Sohle sind verpönt. Damit will man verhindern, dass Pflanzensamen, Bakterien und Mikroben eingeführt werden, die Neuseelands empfindliches Ökosystem aus dem Gleichgewicht bringen könnten. Zum Glück hatte ich meine geputzt, bevor ich sie einpackte. Wer weiß, ob ich sonst ins Land gelassen worden wäre. Langer Rede, kurzer Sinn: Nach obligatorischer Prozedur mit Deklarationszettel, Hunde-Erschnüffelung, Befragung durch Zollbeamte und X-Ray waren wir und die lange Schlange unserer Mitreisenden drin, meine Wanderstiefel in einer versiegelten Tüte ebenfalls. 

Die folgenden zwei Tage in Christchurch sind dann wie im Flug vergangen. Gewohnt haben wir bei Amanda, wieder ein airbnb-Zimmer, wieder goldrichtig. Sie hat uns 1. super Tipps für die weitere Reise gegeben und uns 2. zu unserem Campervan-Vermieter gefahren, der irgendwo weit hinterm Flughafen sein Büro hat.
Christchurch selbst ist sehr seltsam, jedenfalls die Stimmung dort. Seit dem schlimmen Erdbeben von 2011 ist die gesamte Innenstadt zerstört, der Wiederaufbau geht nur schleppend voran, weil - laut Amanda - das Geld fehlt, bzw. die Projekte jeweils sehr teuer sind. Daher wirkt der Innenstadtbereich merkwürdig leer und wie ausgestorben, an jeder Ecke sind riesige Baustellen und Brachflächen.

Gleichzeitig gibt es auch coole Projekte, wie z.B. die RE:start Mall, eine Art Einkaufszentrum im Freien, zusammengestückelt aus lauter bunten, alten Containern.



Wir schlendern durch, sind aber mal wieder etwas spät dran und noch nicht an die frühen Schließungszeiten Neuseelands gewöhnt. Um 17 Uhr ist leider alles schon dicht. Aber der botanische Garten ist noch offen und begeistert uns mit seiner Blütenpracht und einer Peace Bell sehr.

Am nächsten Morgen fährt uns Amanda zum Campervan-Vermieter, der sich gar nicht mehr bei mir gemeldet hatte. Doch siehe da, er hat tatsächlich ein Auto für uns reserviert.
Nach einer kurzen Einführung zum Campervan (natürlich von einer Deutschen, die seit 2 Jahren herumreist und grade hier jobbt) setzt sich Anja todesmutig hinters Steuer und wir zuckeln los. Erst mal Hauptsache links bleiben! Nur nicht anhalten! Oder nach rechts abbiegen! Das führt uns schließlich in das kleine Örtchen Oxford, von wo aus die Scenic Route 72 nach Süden führt, wo wir ja hinwollen. Also instinktiv alles richtig gemacht. Nur immer links abbiegen war gar nicht verkehrt. Und mittlerweile fährt Anja wie ein Profi. Auch das Anhalten und Rechts-Abbiegen klappt. Blinker und Scheibenwischer werden nur noch selten verwechselt. Perfekt!

Und damit kommen wir zum Thema meines Beitrags: self-contained. Wir können nämlich mit unserem Camper ganz einfach (so gut wie) überall anhalten. Müssen nicht auf teure Campingplätze, sondern können auf kostenlosen Stellplätzen (wildes Campen ist hier nicht gern gesehen, schon allein wegen des oben erwähnten Ökosystems) die Nacht verbringen, haben Wasser und (zumindest theoretisch) ein Klo dabei. Und das beste: diese Stellplätze sind meist traumhaft gelegen, direkt am Meer oder einem See.



Was uns erst beim Lesen der Gebrauchsanleitung auffällt, ist, dass wir dennoch alle paar Tage auf den bezahlten Campground müssen. Nämlich, um die Batterie für unseren Kühlschrank wieder aufzuladen. Hm. Blöd. Aber so ist das jetzt eben und bereits die erste Nacht verbringen wir an einem wunderschönen Fluss, ein Plätzchen, das nur Fahrzeugen vorbehalten ist, die eben self-contained sind. Unser ständiger Begleiter und neuester bester Freund ist außerdem die App CamperMate. Dank ihrer finden wir die genialsten und schönsten Stellen, die man "nur so" oder mit normaler Karte niemals finden würde. Ein Hoch auf deren Entwickler!

Und so sitze ich, während ich diesen Eintrag schreibe, direkt am Meer. Der Parkplatz (only for self-contained vehicles, versteht sich!) hat zwar kein Wasser und nur ein rustikales Plumpsklo, aber immerhin. Und die Aussicht auf das Meer sowie das Geräusch der Brandung sind unschlagbar! Einen Tag später sind wir immer noch hier, weil es so schön ist, aber auch, weil wir mal einen Tag zum Abhängen brauchen. Leider regnet es mittlerweile in Strömen, aber so ist das eben manchmal. Wir lesen im Reiseführer über die Maori-Kultur (Maoritanga), planen die weitere Route und machen es uns gemütlich, während der Regen gegen die Scheiben prasselt und das Meer im Hintergrund eindrucksvoll rauscht. Der Marsch zum 30 Meter entfernten Plumpsklo ist  heute allerdings eher nicht so prickelnd...

Wer unsere Route auf der Karte mitverfolgen will: Wir befinden uns beim Schreiben dieses Textes in den Catlins, fast ganz im Süden der Südinsel. Etwas abseits des Touristenstroms, bekannt für ihre besondere Flora und Fauna, wie z.B. den Gelbaugenpinguin, der uns aber bislang noch nicht über den Weg gewatschelt ist. Gestern haben wir uns Dunedin angeschautEin niedliches kleines Studentenstädtchen, das sehr schottisch daherkommt (nicht umsonst ist "Dunedin" der keltische Name Edinburghs). Das war das erste Mal, dass wir seit Christchurch wieder Stadtluft geschnuppert haben und auch wenn Christchurch erst fünf Tage her war, kam es uns schon viel länger vor, bei allem, was wir so auf der Fahrt mit unserem Camper erlebt und gesehen haben.

Damit dieser Eintrag nicht unerträglich lang wird, höre ich jetzt aber mal wieder auf. Inzwischen sind wir in Invercargill angekommen, der südlichsten Stadt Neuseelands. Internetverbindung zum Hochladen des Textes sowie eine powered site, um unseren Kühlschrank wieder aufzuladen gibt es hier.
Das W-LAN ist, wie ihr euch denken könnt, bei dieser Art des Reisens eher spärlich gesät, warum die Blogeinträge vermutlich ebenso spärlich sein werden. Aber wir berichten weiter.
Bis dahin alles Liebe vom anderen Ende der Welt,
eure Iris

Freitag, 19. Februar 2016

G'day, Sydney!

Die Anschnallzeichen sind erloschen und so nutzen wir die Gunst der Stunde gleich, um den Blogpost über Sydney zumindest mal anzufangen. In 30.000 Metern Höhe hat das ja auch was. Und bevor die Eindrücke von Sydney schon wieder von denen von Christchurch überlagert werden ... na, wir fangen mal an.

Städte am Wasser haben es mir (Iris) angetan. Ob Hamburg oder Amsterdam, meine Herzensstadt Stockholm ja sowieso - und jetzt eben Sydney. Diese Stadt hätte fast (aber nur fast!) dazu geführt, dass ich Stockholm untreu werde. Denn was Sydney noch zudem hat, ist ein grandioser Sommer. Den haben wir in vollen Zügen genossen, an den Stränden von Bondi, Tamarama, Bronte, Cogee und Manly. Sonnenverbrannt sitzen wir jetzt im Flieger, haben immer bei offenem Fenster geduscht, abends wehte noch immer ein laues Lüftchen, die Flipflops konnte man rund um die Uhr tragen...
Sydney hat uns von vorne bis hinten verwöhnt:

*  Mit 30 Grad im Durchschnitt. Nach mehrmonatiger Pause konnte ich (Anja) endlich wieder meine geliebten Barfußsandalen anlegen und Iris ihre Shorts ausführen.


(Meine Pilateslehrerin Olga sagte zu mir: "You have the tiniest toes, don't you?" Keine Ahnung, was sie meint.)




*  Mit Stränden, die zum Wellenjagen und Sonnenbraten und Surferglotzen einladen. Das haben wir am Manly Beach auch ausgiebig getan, weshalb ich (Anja) derzeit mein Gesicht dauerhaft in After-Sun-Lotion bade, mir gestern abend ordentlich Joghurt (ahhhh! schön kalt!) draufgeschmiert und mir Augentropfen gegen das unschöne Kratzen beim Gucken gekauft habe.


Prä-After-Sun.

Man kann die Strände auch ganz wunderbar erwandern, zum Beispiel von Bondi zum Coogee Beach. Fantastische Küstenlandschaften erwarten denjenigen, der sich von seinem Super-Light-Reisehandtuch (danke, BR!) erhebt.







Dabei bekommt man außerdem Gelegenheit, sein Verhältnis zum Ausdruck “Astralkörper” zu überdenken. So viele Jogger*innen mit mühevoll in Bronze gemeißelten (jawohl, gemeißelt, nicht bloß gegossen!) Körpern haben wir noch nie gesehen. Aber wir haben das Fähnlein des bleichen Mitteleuropäers tapfer in den salzigen Wind gehalten und am Ende Eis gegessen. Es hieß “Fat Tony”.

*  Mit Stadtansichten, vor denen sich jeder Tourist gern auch ein zwanzigstes Mal in Pose wirft, um vielleicht doch die Grandezza des Ganzen aus noch besserer Perspektive mit noch strahlenderem Lächeln einzufangen. 



In Sydney ist übrigens selbst das Wohnen unter der Brücke glamourös, zumindest, wenn man unter der Harbour Bridge im Luxushotel nächtigt und vom Infinity Pool aus die Oper im Sonnenuntergang betrachten kann. 



Das Erklimmen der Brücke für 228 Dollar pro Person haben wir uns geschenkt, sondern sind einfach nur auf die halbe Höhe gestiegen, was gratis pro Person war, aber definitiv nicht umsonst.




*  Mit einer fantastischen Bude. Nicht in Downtown, schon gar nicht unter der Brücke, sondern in Lilyfield, ein bisschen außerhalb. Sydney-Vaihingen sozusagen. In der gemütlichen Wohnung von Rosie haben wir ein günstiges Airbnb-Zimmer bekommen, aber da Rosie eigentlich nie zuhause ist, hatten wir die ganze Wohnung für uns. Duschen bei offenem Fenster mit Blick auf einen rosa erblühten Baum (Welcher Baum ist das? Keine Ahnung.), jeden Tag eine neue Weisheit auf dem Yogikalender neben dem Klo, in abgenutzten, fetten Ledersesseln mit Plüschkissen in drei verschiedenen Farben lümmeln und selbstgemalte Portraits betrachten, aufgefordert werden, alles in der Küche Befindliche einfach aufzuessen, im Café Your Local Press direkt um die Ecke Säfte mit Namen wie "Heartbeet" und "C3-PO" trinken, nachts vom Zirpen und Türülüdeln unbekannter Tiere aufwachen UND ein klassisches Pilatesstudio in Laufweite. 




Ich weiß nicht, wie andere Leute das nennen. Unsereins nennt es verwöhnen.

*  Mit ersten Wildlife-Erfahrungen. Die bislang einzige Kakerlake, die uns jemals begegnet ist, wohnte in einer Ecke unseres Schlafzimmers, hieß Gertrud, von Freunden Trudy genannt, und war wohl sehr schüchtern, denn sie haute ab, sobald man das Licht einschaltete.

*  Mit Filmegucken unter dem Sternenhimmel, inmitten der nachts wie Brokkoli aussehenden Bäume im Centennial Park. Es trug sich nämlich zu, dass das weltgrößte Shortfilm-Festival, Tropfest, vergangenen Sonntag stattfand. 




In unserer Vorstellung ein nettes kleines Event, tatsächlich ein waschechtes Happening mit 70.000 Besuchern, 16 Kurzfilmen und einer Jury, unter anderem bestehend aus Mel Gibson und Simon Baker. Einen ganzen Tag lang kostenlos Filme schauen, Picknickbrote essen und an der frischen Luft sein? Fabelhaft. Und das klassische Festivalunwetter, hier bestehend aus ein paar Blitzen und zehn Minuten Wassertropfen, gab es obendrauf. (Und wieder kommt das Reiseehandtuch ins Spiel, diesmal überm Kopf statt unterm Hintern.)

Unseren Geldbeutel hat die Stadt nicht so sehr verwöhnt. Wenn eine Kugel Eis ab 5,50 Dollar und ein kleines Brot auf dem Markt für 7 Dollar zu haben sind, wirft man doch hin und wieder einen nachdenklichen Blick auf die Lederbörse. Allerdings stammt unsereins ja auch aus einem Land, das von der Preispolitik der Aldi-Brüder geformt wurde, die unser Bewusstsein dafür, was gutes Essen wert ist, vollkommen verzerrt hat. Und das Essen in Sydney zählt definitiv zu den Verwöhnaspekten dieser Stadt. Und wenn es nicht teuer wäre, stünde der Völlerei ja gar nichts mehr im Wege.





*  Von Tapioca-Coconut-Chia-Mango-Strawberry-Bowl zum Frühstück, Spinat-Feta-Gözlem auf dem Orange Grove Farmer’s Market, über Grillgemüse-Panini bis hin zu indischem Gemüsecurry, knusprigem Fish and Chips (am Bronte Beach, wo leider kein einziger vom Blitz gespaltener Baum zu finden war), Halloumi-Salad mit Rucola und Granatapfelkernen und Maple-Pancake-Icecream.
Ja, Sydney, wir würden gern bleiben, aber Neuseeland wartet schon … Kommen wir zurück? Wir meinen, ja.


Auch dann werden wir uns wieder ins Getümmel der öffentlichen Verkehrsmittel stürzen, die mit der allgegenwärtigen 'Opal Card' (Prepaid-Karte, die man für alle Verkehrsmittel inkl. Fähre verwenden kann, nay, muss) für mittelteures Geld zu erobern sind. Wenngleich sich der Nahverkehr manchmal nicht ganz so einfach bewältigen lässt, wenn man daran gewöhnt ist, sich jederzeit überall eine Fahrkarte kaufen zu können und an jeder Bushaltestelle sofort zu sehen, welche Linien wohin fahren und welche Stationen sie auf dem Weg ansteuern. In Sydney muss man dem Bus schon deutlich signalisieren, wenn man will, dass er anhält. Und die Bushaltestellen haben so einfache Markierungen wie "Stop 302015" in 10-Punkt-Schrift unten links auf dem Fahrplan. Da weiß man als Tourist doch gleich, wo man hin muss, oder? 
(Dann vielleicht von Nörgen-Vaaz. Wer braucht da noch Hägen-Dasz?)

Eure Anja & Iris

Unser Versuch, ohne Allzweckwaffe Opal Card zum Flughafen zu kommen, resultierte in einer Grundsatzdiskussion über das System mit dem Mann am Ticketschalter, der am Ende resigniert sagte: "Ma'am, I've been in the system for 29 years, and if I could change it right now, I would, but I can't." Wir haben ihn auch nicht dazu gezwungen, sondern uns dem System gebeugt, denn ein verpasster Flug wäre unwesentlich teurer gewesen ...

Außerdem gibt's beim nächsten Mal auch wieder Eis. 





Dann schauen wir uns noch mehr von dieser charmant begrünten Stadt an. 


Kehren nach Chinatown zurück, um noch mehr Emperor Puffs (fluffig gebackene Miniküchlein mit Puddingfüllung) zu essen. 


Aber jetzt fliegen wir erstmal weiter ... Bis bald in Neuseeland!

Eure Anja & Iris

Freitag, 12. Februar 2016

Welcome to Dubai!

Wer behauptet, Dubai sei nichts für Menschen, die gern und viel laufen, dem sei hiermit widersprochen. In Dubai kann man ganz hervorragend laufen. Kilometerweit und ohne irgendwas zu erreichen. Eine warme Brise im Gesicht, tippelt man im Schneckentempo über Sand und Asphalt, während auf der vier- bis sechsspurigen Straße Jeeps, SUVs und Schulbusse vorbei zischen. In dieser Stadt findet das Leben auf der Straße statt - auf der Schnellstraße. Mindestens vier-, maximal achtspurig. Das Verkehrsnetz umspannt wahlweise Hotel, Hospital, Shopping-/ Businesscenter oder Wohnblock. Alles sieht aus wie sandgestrahlt oder täglich mit dem Fensterleder poliert. Eine sehr ordentliche Lego-Stadt.



 Mein erster Gedanke, als wir mit dem Taxi, das hier recht günstig ist, hineinfahren: Welches Verhältnis haben die Menschen hier wohl zur Natur? Wäre ein Ausflug in den Thüringer Wald bereits als Extremurlaub einzustufen, wenn das einzige Grün im Leben der Golfplatz und die Zierpalmen vor dem Hoteleingang sind?
Natur 1: Zwei Katzen. Die gehören unserem Airbnb-Gastgeber in Al Nahda, kämpfen gern nachts und spazieren dazwischen ungerührt über uns und unser Gepäck.



 Wären wir bessere Touristen (= besser vorbereitet), würden wir sie wahrscheinlich kaum zu Gesicht bekommen, am Strand lümmeln, zum Gold- und Gewürzesouk oder in die Wüste exkursionieren. Wir sind aber nicht gut vorbereitet, haben weder einen Stadtplan noch Lust, ein Taxi zu nehmen, und versuchen es mit der bewährten Methode “Go with the flow”. Die funktioniert in Dubai nur nicht ganz, denn wir stehen a) spät auf und haben b) nicht viel Zeit. Und c) sollte man hier besser wissen, wo man hin will, denn gemütliches Schlendern und Entdecken ist nicht ganz einfach, wenn das nächste Autobahnkreuz nur einen Steinwurf entfernt liegt. Wir beschleunigen ein wenig, indem wir die Metro nehmen. p0ßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßßß
Hier lief die Katze über die Tastatur…
Metrofahren ist günstig, man bekommt für umgerechnet etwa sieben Euro eine Tageskarte für alle Zonen, kann entspannt zwischen Hochäusern hin und her fahren und sich an Haltestellen namens “Internet City”, “Business Bay” oder “World Trade Centre” ausspucken lassen. 



Als nicht gut vorbereitete Touristen bleiben wir jedoch sitzen und fahren einfach weiter. Wenn wir doch mal an einer Station aussteigen, beschleicht mich beim Anblick der blitzenden Fliesen und Glaswände das Gefühl, das nächste Mal, wenn ich wieder am Charlottenplatz stehe, besser ein zweites Mal zur Flasche Handdesinfektion zu greifen. Ähnlich hygienisch beeindruckt haben mich nur die kleinen, flexibel beschlauchten Duschköpfe, die standardmäßig neben jeder Toilette angebracht sind.
In der Metro lässt sich die eine oder andere gesellschaftliche Besonderheit lernen. So gibt es in jeder Bahn ein Abteil speziell für Frauen und Kinder. Jedem Mann, der sich dort aufhält, droht eine Strafe von 100 AED, also ca. 30 Euro.




Exakt an der pinkfarbenen Trennlinie entlang, ein bisschen wie hinter einem unsichtbaren Zaun, stehen nun also die Männer im Pulk und starren herüber, während die Frauen locker über ihren Waggon verteilt sind, ihre Facebookprofile prüfen oder Filme auf dem Handy schauen. Vergleichsweise große Aufmerksamkeit bringt uns eigentlich nur das Stehen in trauter Zweisamkeit an einer Straße, als ein Bus voller Männer heranrollt, unter denen sich offenbar schnell herumspricht, dass da zwei Damen am Wegesrand zu sehen sind. Obwohl wir auf öffentliche Zuneigungsbekundungen verzichten, scheint ausreichend Unterhaltungsfaktor gegeben. Man lacht, man dreht sich um, man deutet. Abgesehen davon reicht das Verhaltensspektrum der Männer in unserer Gegenwart von schlichtweg ignorant über zuvorkommend-höflich bis hin zu einem breiten Grinsen und einem mehr als freundlichen Gruß, als wir es doch mal mit dem Händchenhalten versuchen.
Zurück in die Metro. Anscheinend weltweit universell und geschlechterunabhängig ist das Schieben in die Bahn hinein und aus der Bahn heraus. Da können noch so viele Verhaltensratgeber/Nudges in unterschiedlichen Farben auf den Boden geklebt sein: Unterschätze niemals die Körperkraft von Frauen in weißen Lederjacken, auch wenn sie einen Kopf kleiner sind. Mitten in der Rushhour habe ich meinen persönlichen Lost-in-Translation-Moment. Zum ersten Mal in meinem Leben sind alle Menschen um mich herum kleiner als ich. Abgesehen von Iris und einer zweiten großen Blondine.
So, jetzt aber aussteigen. No more Metro.
Natur 2 offenbart sich uns später am Tag in Form eines riesengroßen Aquariums inmitten der Dubai Mall. Hier kann man einfach davorstehen und zwischen zwei tiefgekühlten Luxusläden kurz die Kreditkarte abrauchen lassen, oder aber angeblich auch tauchen, wenn man genug von Gianfranco Ferré, Armani und Tiffany hat. Wir lassen nicht nur das Eine, sondern auch das Andere. Außerdem verzichten wir auf die exklusive und hochpreisige Gelegenheit, uns in den 144. Stock des Burj Khalifa fahrstuhlen zu lassen, und entern lieber den riesigen Buchladen mit der gewaltigsten Auswahl Graphic Novels/Comics, die ich je gesehen habe, soweit ich mich recht entsinne.
Ein weiteres Bedürfnis nach dem Büchergucken: Essen. Wir haben jedoch kein ganz glückliches Händchen bei der Wahl unserer Nahrungsaufnahmedesinationen. Selbstverständlich sind wir - obwohl mitten in einem riesigen Einkaufszentrum stehend - zu stolz, um in einer der zahlreichen Burgerbraterien einzukehren. Nahöstlich scheint uns angemessener.



 Schließlich wollen wir dann doch irgendwie gute Touristen sein. Leider haben wir den Kniff der Einheimischen nicht raus, was das Bestellen angeht. Die Konsequenz: Hühnchen ohne Sauce für Iris (an beiden Tagen!), für mich Falafel an Tag 1 und eine Lektion an Tag 2. Tabouleh ist hier nicht die erfrischend gewürzte Getreidekomposition, als die ich sie kenne. Stattdessen bekomme ich einen Plastikbehälter voller Petersilie. Für umgerechnet fünf Euro. Darin finden sich vereinzelte kleine Tomatenstücke und einsame Couscouskrumen, aber die Masse? Glatte Petersilie. Immerhin ist Grünzeug in sämtlichen Foodblogs und Ernährungsratgebern voll angesagt. Ich bin also ganz vorn dabei. Runtergespült wird das Grün dann mit dem einzig Möglichen: Chocolate Peanut Butter Toffee Icecream. Sehr unnahöstlich. Sehr schweinigelig. Sehr lecker. Es tröstet außerdem darüber hinweg, dass unser einziger Versuch noch gute Touristen zu werden von der Tatsache vereitelt wurde, dass man in Dubai doch nicht alles mit Kreditkarte zahlen kann. Für die Monorail hinaus zur berühmten Natur 3-Erfahrung, der Palme aus Sand, sollte man Cash dabei haben, sonst hat der hilfsbereite Verkaufsautomatenassistent leider auch nicht mehr als ein “Sorry, Ma’am” für einen übrig.
Dann doch zurück in die Metro. Noch ein bisschen fahren lassen, anschließend wieder über Sand und Asphalt laufen, die Radfahrer bewundern, die an einer vierspurigen Straße gegen den Verkehrsstrom fahren, zu spät nach Hause kommen, um den wunderbar pinkelwarmen Pool auf der Dachterrasse noch nutzen zu können, dafür Pilates mit einer Katze auf dem Bauch und danach frisch machen, ordentlich unsere Plastikflaschen am Lulu-Supermarkt recyceln und ab zum Flughafen. Sorry, Dubai, nächstes Mal machen wir es besser!

Montag, 8. Februar 2016

Guten Morgen, Abenteuer!

Die letzten Stunden vor Beginn unserer Reise. Tatsächlich. Noch immer unwirklich. Aber das hatten wir ja jetzt schon ein paarmal...

Gestern haben wir die letzten Sachen verpackt, aufgeräumt und geputzt, zwischendurch mit lieben Leuten telefoniert - und für all das tatsächlich nochmal den ganzen Tag gebraucht. Immerhin waren wir mit Handicap in den Tag gestartet: Schlafmangel und träge Füße aufgrund einer sehr, sehr gelungenen Hochzeit am Tag zuvor. Doch darauf konnte keine Rücksicht genommen werden. Die letzten Kisten packen sich schließlich nicht allein.

Apropos packen: Ich darf hier stolz verkünden, dass mein Rucksack... (Trommelwirbel) ... nur 10,2 kg wiegt! Jawohl. Iris hat es tatsächlich geschafft, sparsam zu packen. Ich muss jetzt zwar wirklich einmal pro Woche waschen, da führt kein Weg dran vorbei (oder ich reise nach kürzester Zeit nur noch allein), aber es hat sich gelohnt. Für alle, die es mir noch immer nicht glauben, hier ein Foto meines finalen Rucksackinhalts (delicate pieces not displayed):



Wen es ganz genau interessiert, was da so liegt, bzw. jetzt für ein knappes Jahr in meinem Rucksack sein wird, schreibt mir das bitte in die Kommentare, dann drösel ich das in einer ausführlichen Packliste genau auf.
Dazu kommen noch die Schuhe:



Meine liebe Schwägerin wird jetzt ihren Augen nicht trauen. Sie erinnert sich noch zu gut an die Berge von Schuhen, die ich eingepackt hatte, als ich nach dem Abi für ganze drei Monate in Paris gearbeitet habe. Aber auch ich lerne aus Fehlern. ;)
Jedenfalls sehen unsere Rucksäcke fertig gepackt jetzt so aus:


Und lassen sich hervorragend tragen:



Heute Nachmittag geht's tatsächlich los - mit dem Zug gen Frankfurt und abends dann per Flieger Richtung Dubai (sofern uns das Orkantief keinen Strich durch diese Rechnung macht...). Drückt uns die Daumen!
Bis bald von unterwegs aus,
eure Iris (& Anja, deren Rucksack 12 Kilo auf die Waage bringt (aber ich trage auch die 900-Gramm-Pilatesmatte, die ebenfalls von Yoginis mitbenutzt werden kann...))